
Gestapo-Lager und Gedenkstätte Gestapo-Lager Neue Bremm
In Krieg und in Frieden: immer ein Spiegel der Zeit

Gilbert Grandval als französischer Botschafter an der Saar bei der jährlichen Gedenkstunde am 11. November 1952 bei der Kranzniederlegung an der Gedenktafel für die im Lager Neue Bremm inhaftierten französischen Widerstandskämpfer.
Das Lager Neue Bremm - Ein Lager mit vielen Funktionen
Ab Februar 1943 erfolgte die Erweiterung des Kriegsgefangenenlagers zum Gestapo-Lager durch Gefangene des Forbacher Stammlager Stalag XII F, der Insassen des Gefängnis Lerchesflur, durch vom Reichsarbeitsdienst verpflichtete Arbeiter sowie saarländischer Baufirmen. Damals wurde auch ein Löschwasserbecken wegen der Brandgefahr der Holzbaracken angelegt. Ab Juli war hier offiziell ein „Erweitertes Polizeigefängnis“, wie es in der Tarnsprache des Nationalsozialismus hieß. Es vortäuschen sollte, dass es sich um einen Ort des Rechtes und der Justiz handelte und darin Verbrecher in Haft wären. Das Lager bestand bis November 1944 mit einem Männer- und ab Dezember 1943 mit einem ebenfalls mit einem Wasserbecken versehenen Frauenlager (=“Sonderbarackenlager II“). Insgesamt standen 16 Baracken auf 5.600 Quadratmetern Fläche.
Die „Neue Bremm“ war Sammel- und Durchgangslager für Mitglieder der Résistance, deportierte französische Juden und Lothringer, die sich der Einberufung zur Wehrmacht entzogen hatten sowie deren Angehörigen. Dazu kamen 1935 vor politischer Verfolgung nach Frankreich geflohene Saarländer, die sich später den Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg anschlossen. Sie wurden nach ihrer abermaligen Flucht nach Frankreich verhaftet. Auch sie wurden von Saarbrücken weiter nach Dachau, Mauthausen, Auschwitz oder Ravensbrück verschleppt.
Das Lager war zudem Ausweichquartier für das überfüllte Lerchesflur-Gefängnis und damit Haftort für Stadtverordnete und Gewerkschaftssekretäre der SPD, KPD und des Zentrums.
Die „Neue Bremm“ diente als Straf- und Disziplinierungslager für Zwangs- bzw. „Ostarbeiter“, die in der saarländischen Industrie eingesetzten waren. Nach dem Hitler-Attentat am 20. Juli 1944 wurden dort politische Gegner inhaftiert. Zeitweise war das Lager mit 400-500 Menschen belegt.

Ansicht der Einweihung der ersten Gedenkstätte am 11. November 1947.
Die erste Gedenkstätte aus dem Jahr 1947
Die Gedenkstätte wurde am 11. November 1947 durch den Gouverneur der im Saarland eingesetzten Militärregierung, Gilbert Grandval eingeweiht. Sie ging auf die Initiative Grandvals und der Verwaltungskommission zurück. Sie kennzeichnet die Situation im Saarland in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Damals standen die Verurteilung der Täter und das mahnende Erinnern an die NS-Verbrechen im Vordergrund. Dazu zählte die im April 1946 im Saarland-Museum eröffnete Ausstellung „Hitlers Verbrechen“. Im Mai 1946 begannen im Rastatter Schloss die Prozesse gegen das Personal des Lagers Neue Bremm. Im Juni 1946 verhängte das Gericht 15 Todesurteile, 25 Haftstrafen und zwei Freisprüche. Die Gedenkstätte bestand aus der Betonsäule und einem trapezförmigen Platz. Beide Teile waren auf das Lager und das Löschwasserbecken als zentralem Ort des Terrors ausgerichtet.
Bundesdeutsche Erinnerungskultur nach 1955 und die Gedenkstätte Neue Bremm
Das Lager Neue Bremm und das damit verbundene Gedenken veränderten sich über die Jahrzehnte. Nachdem das Saarland 1955 zur Bundesrepublik gekommen war, geriet die von der französischen Militärregierung errichtete Gedenkstätte in Vergessenheit. Diese umfasste nur das Männerlager und bezog die Straße ein. Die Verbreiterung der Straße im Jahr 1965 ging mit der Verkleinerung des Gedenkplatzes vor dem Löschwasserbecken einher. Dementsprechend war danach die Autobahnmeisterei Sulzbach für die Instandhaltung des Geländes zuständig.
Im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung begann die Stadt Saarbrücken ab Ende der 1960er Jahre hier, Flächen für ein Gewerbegebiet zu verkaufen. Es galten dabei die bereits erwiesenen Vorzüge des Ortes: am Stadtrand grenznah und verkehrsgünstig gelegen. Das Mahnmalgelände, das auch „das große Gartengrundstück“ in den Plänen hieß, war davon ausgenommen. Es wurde jedoch durch die Ansiedlung von Gewerbe und den Ausbau der Straße und durch den Bau einer Fußgängerunterführung beschnitten. Der vierte und letzte Bauabschnitt der Gedenkstätte Gestapo-Lager Neue Bremm im Jahr 2018 dokumentierte mittels Metallmarkierungen auf der Straße und dem Gelände des angrenzenden Gewerbegebietes das ursprüngliche Ausmaß des Lagers.
Zivilgesellschaftliches Engagement sorgte für den Erhalt der Gedenkstätte
Nachdem das Saarland nach 1955 nach zehn Jahren der Teilautonomie und wirtschaftlicher Bindung an Frankreich zur Bundesrepublik kam, schwand das staatliche Interesse an der Gedenkstätte. Dafür zeigte die Zivilgesellschaft das Interesse an dem Ort. Die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes kritisierten nicht nur die hier erfolgten einschneidenden Veränderungen und forderten die Instandhaltung der Gedenkstätte. Sie informierten auch über den Ort und seine Geschichte. Seit 1980 fanden in Zusammenarbeit mit der VHS Saarbrücken sogenannte „Alternative Stadtrundfahrten“ statt. Eine Station dabei war neben der Arrestzelle im Keller des Saarbrücker Schlosses auch die Neue Bremm.
Der Landesverband Saarland der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes war es auch, der sich über Jahrzehnte für den Erhalt und die Pflege der Gedenkstätte einsetzte. Seit den späten 1970er, vor allem aber in den 1990er Jahr schlossen sich diesem Engagement weitere Verbände wie der Landesjugendring Saar sowie die Volkshochschule Saarbrücken bis die Initiative Neue Bremm die Neugestaltung der Gedenkstätte vorantrieb.
Die erste Gedenktafel auf Deutsch wurde 1985 von der Landeshauptstadt Saarbrücken aufgestellt. Im selben Jahr wurde die Neue Bremm eine von fünf Stationen eines deutsch-französischen Gedenkpfades. Er führte von den Stätten des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 zu den Erinnerungsstätten des Zweiten Weltkriegs. 1991 folgten drei Infotafeln zur Geschichte des Ortes.
Das Gelände des ehemaligen Frauenlagers – kein Teil der Gedenkstätte von 1947
Das Gelände des Frauenlagers gehörte nicht zur ursprünglichen Gedenkstätte. Es wurde 1975 mit einem Hotel überbaut. An die Stelle des Löschwasserbeckens trat der beheizte Swimmingpool. Die Gedenkstätte von 1947 schloss das Frauenlager aus. Der Ort der körperlichen Gewalt und des Terrors war das Männerlager. Das Löschwasserbecken stand dafür ein. Im baugleichen Frauenlager spielte es hingegen keine Rolle. An das Frauenlager erinnert seit der Neugestaltung der Gedenkstätte im Jahr 2004 ein Rundbild an der Fassade des Hotels. Es zeigt die einst im Lager Neue Bremm internierte Widerstandskämpferin Yvonne Berman. Eine Infotafel unterhalb der Fassade informiert über ihr Leben.
Der Wettbewerb zur Neugestaltung der Gedenkstätte
Die 1998 gegründete Initiative Neue Bremm als ein Zusammenschluss von Akteur:innen aus Wissenschaft, Kunst und Gesellschaft lobte den Ideenwettbewerb zur Neugestaltung der Gedenkstätte aus und sorgte für deren Förderung durch die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien. Ihr Engagement hatte zudem zur Folge, dass um das Jahr 2000 der Lehrstuhl von Professor Rainer Hudemann am Historischen Institut der Universität des Saarlandes die Geschichte des Lagers erforschte. Die Publikationen von Elisabeth Thalhofer zum Gestapo-Lager Neue Bremm sind längst vollgültige Standardwerke.
Gedenkstätte Gestapo-Lager Neue Bremm - Gedenken im „Hotel der Erinnerung“
Den Wettbewerb gewannen die Berliner Architekten Roland Poppensieker und Johannes Schulze Icking nach einer Idee von Nils Ballhausen und Roland Poppensieker. Ihr Entwurf konzentrierte sich darauf, das Hotel wie das Lager als einen Durchgangsort sichtbar zu machen. Die Veränderungen durch das Überbauen eines Teiles des Lagergeländes mit einem Hotel und dem Ausbau der Straße wurden dabei buchstäblich auf dem in die Mauer eingelassenen Schriftband zur Sprache gebracht. So wurde die wechselvolle Bedeutung des Ortes zwischen Terror einst und Gastfreundlichkeit mit diesen Wandel beschreibenden Begriffen in verschiedenen Sprachen ins Bild gesetzt.
Die Mauer überragt eine Betonwand. Darin ist ein Foto eingefräst. Es zeigt eine Frau, ein Kind und einen Hund auf der Wiese vor dem Männerlager. Hier wird deutlich, dass es hier an diesem Ort auf den eigenen Standpunkt ankommt. Dieser entscheidet, ob man hier eine Idylle, ein Gewerbegebiet oder einen Ort des Terrors sieht.
Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes
Weitere Digitale Angebote zur Gedenkstätte Neue Bremm finden Sie auf der Seite der Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes: https://www.saarland.de/lpb/DE/Erinnern/NeueBremm/digitale-lernangebote/digitale-lernangebote_node.html
Tipp: Laden Sie sich vor einer Besichtigung die App zum Begehen der Gedenkstätte Gestapo-Lager Neue Bremm herunter. Diese ist im Playstore und im AppStore erhältlich. Ansonsten klicken Sie auf diesen Link:
https://orte-der-erinnerung.entdeckerwelten.eu/gestapo-lager-neue-bremm/
Weitere Informationen finden Sie unter: https://gestapo-lager-neue-bremm.de/